So wurde Mews mit smarter Hotelsoftware zum Unicorn
PMS-Anbieter Mews ist eines der bekanntesten Hoteltech-Startups weltweit. Gründer Richard Valtr (Foto) berichtet im Interview mit Hotel vor9, wie aus einer Idee an der Rezeption des elterlichen Betriebs in Prag ein Unicorn wurde, welche Rolle Übernahmen in seiner Wachstumsstrategie spielen und warum deutsche Hoteliers besondere Erwartungen haben.

Mews
Richard Valtr hat aus dem Hoteltech-Startup Mews ein Milliardenunternehmen geformt
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Herr Valtr, wie würden Sie einer außenstehenden Person in einem Satz erklären, was Mews für ein Unternehmen ist?
Richard Valtr: Mews hilft Hotels, nahtlose und personalisierte Gästeerlebnisse zu schaffen, indem es veraltete Systeme durch intelligente, vernetzte Technologie ersetzt. Das Ergebnis sind profitablere Betriebe, die ihre Ressourcen und Teams optimal einsetzen.
Und wie lautet der Satz, wenn Sie einen Hotelier treffen?
Mews bietet Technologie, die unauffällig im Hintergrund arbeitet. Dadurch wird Ihr Team von Bildschirmen befreit und gewinnt wertvolle Zeit für den direkten Gästekontakt. Sie können sich darauf konzentrieren, was wirklich zählt: unvergessliche, persönliche Momente – die wichtigsten Treiber für Zusatzumsätze. Mehr persönlicher Kontakt, weniger Bildschirmzeit, mehr Gewinn.
Sie kommen ja ursprünglich auch aus der Hotellerie. Was hat Sie dazu bewogen, ein eigenes Unternehmen zu gründen?
Ich bin in einer Familie aufgewachsen, die tief in der Hotellerie verwurzelt ist. Ich selbst verbrachte viele Sommernächte an der Rezeption unseres Familienhotels in Prag. Dort sah ich, wie sperrig und ineffizient Systeme sein konnten und wie sehr sie Gastfreundschaft erschwerten. Nach meinem Studium in London kam ich nach Prag zurück, um meine Familie bei der Eröffnung des Emblem Hotels zu unterstützen. Ich wollte, dass Gäste sich sofort willkommen fühlen, ohne bürokratischen Hürdenlauf. Doch die nötige Technologie existierte nicht. Also holte ich Programmierer ins Boot, und wir entwickelten, was später Mews werden sollte – eine Cloud-Plattform, die Abläufe vereinfacht und Hotelteams die Freiheit zurückgibt, sich auf das Gästeerlebnis zu konzentrieren. Bis heute ist das meine Mission: smarte Technologie so einzusetzen, dass sie Gastfreundschaft nicht verdrängt, sondern menschlicher und persönlicher macht.
Wie ist ihr Erfolgsrezept entstanden?
Der Durchbruch kam während der Entwicklung des Emblem Hotels in Prag. Ich wollte die Ankunft für Gäste warm und persönlich gestalten – ohne Rezeptionstresen als Barriere, ohne Bürokratie beim Empfang. Zunächst dachte ich an eine iPad-App. Doch schnell wurde klar: Das Problem lag nicht in der Bedienung, sondern in den starren Back-End-Systemen, auf die Hotels angewiesen waren. Das war der Wendepunkt. Wir entschieden uns gegen eine Übergangslösung und bauten das Fundament neu: eine moderne, cloud-native Plattform mit offenen APIs, die Hotels bis dahin unerreichte Flexibilität bot. Dieser Schritt – von einem Tool zu einem neuen System – erweckte Mews zum Leben.
Mit diesem Ansatz haben Sie ein sehr erfolgreiches Unternehmen geschaffen. Auf welchen Firmenwert würden Sie Mews taxieren?
Bei unserer letzten Finanzierungsrunde im März 2024 wurde Mews mit 1,2 Milliarden US-Dollar bewertet.
Erst im Frühjahr haben Sie weitere 75 Millionen Euro Wachstumskapital eingesammelt. Wofür brauchen Sie so viel Geld?
Diese Investition bot uns die Chance, mit einigen der besten Investoren weltweit zusammenzuarbeiten und unsere Ambition zu untermauern, die bekannteste Marke für Hoteltechnologie zu werden. Das positioniert uns sehr gut für die Zukunft. Die Finanzierung unterstützt unsere Wachstumsstrategie in Schlüsselregionen – insbesondere den USA und die DACH-Region –, stärkt Forschung und Entwicklung, beschleunigt den Vormarsch im Premiumsegment und erweitert unsere Plattform um Revenue-Management-Funktionen.
Sie haben bereits viele Wettbewerber übernommen. Warum reicht Ihnen organisches Wachstum nicht aus?
Organisches Wachstum war für Mews ein zentraler Treiber, besonders in Märkten, in denen Hoteliers moderne Cloud-Lösungen wollen. Doch Übernahmen sind eine wichtige Ergänzung. Sie ermöglichen, unsere Präsenz schneller auszubauen und lokales Know-how zu gewinnen. Beispiel: Mit der Übernahme von HS3 Hotelsoftware in Deutschland haben wir nicht nur unsere Kundenbasis erweitert, sondern auch Talente und Marktwissen gewonnen – entscheidend in Märkten mit spezifischen Anforderungen. Außerdem lassen sich bestimmte Segmente rein organisch nicht ausreichend bedienen. Hoteliers suchen zunehmend nach umfassenden Lösungen eines vertrauenswürdigen Partners. Durch Zukäufe integrieren wir schneller zusätzliche Funktionen und Expertise, als es allein intern möglich wäre.
Ihr PMS erreicht in der DACH-Region laut eigenen Angaben eine Marktdurchdringung von 15 Prozent – rund 6.000 Häuser. Wo sehen Sie weiteres Potenzial und welche Segmente wollen Sie als Nächstes erschließen?
Wir sind in der DACH-Region sehr gut positioniert, sehen aber noch erhebliches Potenzial. Unser Fokus liegt auf mittelgroßen Hotelgruppen und regional einflussreichen Portfolios, besonders in urbanen Clustern, sowie auf der beschleunigten Migration von Legacy-Systemen. Gleichzeitig bauen wir unsere Präsenz im KMU-Segment aus – in urbanen Hotspots und bislang unerschlossenen ländlichen Regionen. Darüber hinaus sprechen wir gezielt wachstumsstarke Soft Brands, Serviced Apartments und spezialisierte Nischen an.
Nordamerika, die DACH-Region und Frankreich gelten als Ihre Hauptwachstumsmärkte. Wie unterscheiden sich deutsche Hoteliers von internationalen Kunden?
Es ist schwer zu verallgemeinern, aber deutsche Hoteliers sind oft detailorientierter und vorsichtiger als in anderen Märkten. Sie legen großen Wert auf Compliance und erwarten absolute Zuverlässigkeit. Entscheidungen dauern länger, da Vertrauen und Nachweise entscheidend sind. Auch lokaler Support in deutscher Sprache wird geschätzt. In Nordamerika etwa agieren Hotels oft schneller und experimentierfreudiger – in Deutschland steht Verlässlichkeit an erster Stelle.
Mews ist sicher Ihr Lebenswerk. Gibt es irgendwann auch ein Leben danach?
Ich werde Mews nie als etwas betrachten, das ich geschaffen und dann hinter mir gelassen habe – es ist Teil einer größeren Mission. Mews ist für mich nicht nur ein Unternehmen, sondern eine Plattform, die das Herz der Gastfreundschaft bewahrt und stärkt.
Das Gespräch führte Pascal Brückmann