Die Schwarzarbeit schadet der gesamten Branche
Bei einer bundesweiten Großkontrolle von Restaurants und Hotels hat der Zoll in der vergangenen Woche zahlreiche Fälle von Schwarzarbeit, Mindestlohnverstößen und illegaler Beschäftigung aufgedeckt. Marcel Klinge (Foto), Sprecher der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt, fordert jetzt mehr Ehrlichkeit in Gastronomie und Hotellerie.

DZG
Marcel Klinge ist Vorstandssprecher der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt
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Herr Klinge, Sie vertreten mit der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt u.a. die Gastronomie und Hotellerie in Deutschland. Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie davon erfahren, dass der Zoll in einer bundesweiten Aktion dieser Tage mit 2.600 Beamten im Einsatz war, um die Betriebe zu kontrollieren und dabei einmal mehr etliche Verstöße feststellen musste?
Marcel Klinge: Kontrollen sind absolut wichtig, weil es in jeder Branche Betriebe gibt, die es mit dem Mindestlohn und der Anmeldung von Mitarbeitenden nicht so genau nehmen oder Menschen aus dem Ausland ohne Papiere beschäftigen. Das geht so natürlich gar nicht! Von daher helfen maßvolle Kontrollen, "schwarze Schafe" zu identifizieren und zeigen den anderen im Markt, dass ein "sauberer" Geschäftsbetrieb kein Wettbewerbsnachteil ist. Viele Gastwelt-Unternehmer ärgern sich sehr über Kollegen, die sich einfach nicht an die Regeln halten und damit oftmals alle in "Misskredit" bringen.
Tatbestände wie Schwarzarbeit und Mindestlohnverstöße sind bei der jüngsten Großkontrolle zuhauf aufgedeckt worden. Was läuft da schief in der Branche?
Die Gastwelt zählt zu den personalintensivsten Wirtschaftssektoren in Deutschland. Nachdem wir bereits nach der Pandemie große Probleme hatten, offene Stellen zu besetzen, wird sich dieser Trend in den kommenden Jahren weiter verschärfen. Das Fraunhofer IAO hat für die DZG hochgerechnet, dass uns bis 2030 rund 100.000 Mitarbeitende pro Jahr demografiebedingt zusätzlich verlassen werden. Wir haben also ein sehr hohes Eigeninteresse, als Arbeitgebermarke so gut wie möglich öffentlich dazustehen: Schwarzarbeit und Mindestlohnverstöße sind hierbei kontraproduktiv und müssen – auch durch brancheninterne Initiativen – abgestellt werden. Auch wenn es nur wenige sind, die sich nicht an die Regeln halten, strahlt ein solches Verhalten auf alle ab.
Normalerweise stellen sich die bekannten Interessensvertreter vor die eigene Branche und halten sich mit Kritik zurück. Warum plädieren Sie dafür, den Finger in die Wunde zu legen?
Wir haben in Deutschland die besten Gastgeber der Welt, und die absolute Mehrheit unserer Betriebe arbeitet vorbildlich. Aber eben nicht alle. Für uns ist es daher wichtig, auch Themen vorzubringen, auf die wir immer wieder negativ angesprochen werden – in der Politik oder von Gästen. Sonst wird sich ja auch nichts positiv verändern können. Ein persönliches Beispiel: Nach der Erhöhung der Umsatzsteuer auf Speisen Anfang 2024 gab es in Berlin viele Restaurants, bei den man auf einmal nur noch bar zahlen konnte. Das war eine unnötige Provokation und am Ende nicht hilfreich, weil für viele Politiker dadurch das Klischee der "Schwarzgeld-Branche" bedient wurde. In fast jedem Gespräch wurde ich darauf angesprochen. Wir sollten so etwas nicht einfach unter den Teppich kehren – in unserem eigenen politischen Interesse.
Sie sprechen das Problem offen an. Mitunter haben die Karten-Terminals mancher Gastwirte über Monate hinweg einen "technischen Defekt". Wie sind hier ihre ganz persönlichen Beobachtungen in Berlin?
Wenn wir mal ehrlich sind, haben wir alle doch schon einmal solche Situationen beobachtet, von Zwischenrechnungen, die dann wieder aus dem System rausgenommen wurden, mal ganz abgesehen. Aber auch hier gilt: Die absolute Mehrheit unserer Gastwirte arbeitet vorbildlich und ärgert sich über das Verhalten der Kollegen.
Wann genau kommt eigentlich die verpflichtende Kartenzahlung in der Gastronomie und wird es dann endlich besser?
Die neue Bundesregierung hat diesen Punkt fest im Koalitionsvertrag vereinbart und wir gehen davon aus, dass diese Maßnahme im kommenden Jahr umgesetzt wird. Und was spricht eigentlich wirklich dagegen, digitale Zahlungsoptionen ergänzend anzubieten? Mir fallen kaum Gegenargumente ein, zumal Barzahlung ja nicht abgeschafft wird und Kartenzahlung für viele Kunden (gerade aus dem Ausland) ein absolutes "Muss" ist. Die Taxibranche hat das übrigens bitter lernen müssen: Nachdem sie sich jahrelang dogmatisch gegen Kartenzahlung gewehrt hat, sind die Kunden dann einfach zu Diensten wie Uber, Bolt oder Freenow gewechselt, bei denen so etwas Standard ist. Wir werben als Denkfabrik deswegen dafür, jetzt proaktiv voranzugehen und im Rahmen einer großen "Service-Offensive 2026" flächendeckend Kartenzahlung anbieten – und das nicht erst ab 100.000 Euro Jahresumsatz, wie es die Politik derzeit vorzieht.
Das Gespräch führte Pascal Brückmann
Zur Person: Der ehemalige FDP-Bundestagsabgeordnete Marcel Klinge ist Vorstandssprecher der Denkfabrik Zukunft der Gastwelt (DZG). Die DZG versteht sich als ein nationaler Thinktank, der Politik, Verbände und die Unternehmen der Gastwelt (Tourismus, Hotellerie, Gastronomie, Foodservice & Freizeitwirtschaft) auf Bundesebene zusammenbringt.