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11. Juli 2025 | 12:23 Uhr
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Hotellerie braucht neue Denkweise bei Digitalisierung

Technologie verändert die Hotellerie grundlegend – nicht nur durch Automatisierung, sondern durch neue Denkweisen. Professorin Vanessa Borkmann vom Fraunhofer IAO sieht darin große Chancen für besseren Service, mehr Nachhaltigkeit und sinnvolle Entlastung der Mitarbeitenden. Voraussetzung sei ein offener Dialog über Ängste und Möglichkeiten. Hoteliers sollten Digitalisierung gemeinsam mit ihren Teams aktiv gestalten.

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Technologie sollte in der Hotellerie neu gedacht werden, sagt Professorin und Forscherin Vanessa Borkmann

Die Hotellerie steht nach Einschätzung von Professorin Vanessa Borkmann vor einem tiefgreifenden Wandel. Doch dabei gehe es nicht nur um Automatisierung oder Chatbots. Viel entscheidender sei, dass Hotels beginnen, ihre Prozesse neu zu denken. "Wer Technik nur einsetzt, um bekannte Abläufe effizienter zu machen, verpasst das Potenzial", sagt Borkmann. Die Forscherin leitet am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) den Forschungsbereich Stadtsystemgestaltung und ist Professorin für Tourismus mit Schwerpunkt Hotelmanagement.

Vom Chatbot zum persönlichen Agenten

Die nächsten Entwicklungsschritte erwartet Borkmann durch sogenannte agentenbasierte Systeme – Programme, die Buchungen im Namen der Reisenden übernehmen und deren Vorlieben kennen. "Statt mühsam mit einem Chatbot zu kommunizieren, könnte künftig ein digitaler Reiseassistent im Hintergrund alles regeln – von der Bezahlung bis zum Check-in." Ziel sei ein reibungsloser Ablauf, bei dem Gäste vor Ort wieder stärker persönlich betreut werden.

Technologie alleine reiche aber nicht, so Borkmann. Entscheidend sei die Einbindung der Mitarbeitenden. "Wir brauchen digitale Bildung im gesamten Betrieb." Nur wenn Teams gemeinsam über Prozesse und Anwendungen sprechen, entstehe Vertrauen in neue Lösungen. Ein einfacher Einstieg sei die Frage, welche Aufgaben als belastend empfunden und wo technische Entlastung gewünscht werde. "Ideen gibt es in jedem Haus – man muss sie nur zulassen."

Technologie dürfe nicht als Bedrohung verstanden werden, sondern als Mittel zur Weiterentwicklung. Zwar würden sich Berufe verändern, aber nicht verschwinden. "Wichtig ist, den Mitarbeitenden Perspektiven aufzuzeigen und gemeinsam an der Transformation zu arbeiten." Nur so lasse sich verhindern, dass Unsicherheit den Fortschritt blockiere.

Neue Servicekonzepte statt Roboter im Speisesaal

Die Vorstellung, dass in Zukunft Roboter durch Hotels fahren und Essen servieren, hält Borkmann für zu kurz gedacht. "Viel spannender ist die Frage, wie sich Services komplett neu denken lassen." Sie nennt als Beispiel die Einbindung von Gästen in die Zubereitung von Speisen oder neue Formate, die soziale Interaktion fördern. Hotels könnten dabei auch Orte des Austauschs und der Gemeinschaft werden – etwa zwischen Reisenden und der lokalen Bevölkerung.

Je früher Gäste und Mitarbeitende in die Entwicklung neuer Konzepte eingebunden werden, desto passender fielen die Lösungen aus. Das gelte sowohl für Raumgestaltung als auch für Serviceangebote. "Ein Hotel ist ein sozialer Ort – wer ihn verändern will, sollte die Menschen mitnehmen, die ihn täglich erleben."

Auch in Sachen Umweltverträglichkeit sieht Borkmann viele Chancen durch Technologie. Diese reichten von der Bauphase über die Planung bis zur Steuerung des Betriebs. Schon die Entscheidung, ob das Licht beim Betreten eines Zimmers automatisch angeht oder nicht, könne große Auswirkungen haben. "Die Frage ist, wie viel Einfluss darf ein Hotel auf das Verhalten seiner Gäste nehmen – und wie transparent muss dieser gestaltet sein?"

Vielfalt der Konzepte wird wachsen

Für die Zukunft erwartet die Wissenschaftlerin eine stärkere Differenzierung in der Hotellerie. Auf der einen Seite stark digitalisierte Budgethotels mit minimalem Personaleinsatz, auf der anderen Seite Hotels mit hohem persönlichem Serviceanspruch. "Wichtig ist, dass die menschliche Komponente nicht verloren geht. Digitalisierung kann viel, aber sie ersetzt keine echte Gastfreundschaft."

Die Hotellerie könne von den technologischen Entwicklungen profitieren – wenn sie sich aktiv mit ihnen auseinandersetzt. Zukunftsprojekte wie "Future Hotel" zeigen laut Borkmann, wie durchdachte Konzepte die Branche verändern können. "Wir müssen bereit sein, nicht nur Bestehendes zu verbessern, sondern ganz neu zu denken."

Christian Schmicke

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