Trauer am Arbeitsplatz erfordert Fingerspitzengefühl
Wenn Mitarbeiter sterben oder Kollegen Angehörige verlieren, geraten Unternehmen in eine Ausnahmesituation. Experten raten zu Fingerspitzengefühl, klarer Kommunikation und einer Schonzeit für Betroffene. Führungskräfte entscheiden, ob Trauernde Halt finden oder sich alleingelassen fühlen.

iStock wildpixel
Beim Umgang mit Todesfällen im Betrieb ist Feingefühl gefragt
Der Tod eines Mitarbeiters oder eines Angehörigen kann ein Unternehmen tief treffen. Neben der organisatorischen Lücke stellt sich die Frage, wie Kollegen und Vorgesetzte mit der Trauer umgehen. Experten sehen darin nicht nur eine menschliche, sondern auch eine wirtschaftliche Herausforderung. Studien beziffern die Kosten, die Firmen durch trauerbedingte Ausfälle entstehen, auf mehrere Milliarden, berichtet Kerstin Dämon auf dem IT-Portal CIO.
Trauer kostet Kraft und Produktivität
Der Psychologe Gregor Metzger schätzt, dass deutsche Unternehmen pro betroffenem Mitarbeiter rund 16.000 Euro an Kosten tragen. Viele Betroffene melden sich krank, weil sie während der Trauerphase den üblichen Leistungsanforderungen nicht gerecht werden können. Eine längere Krankschreibung sei jedoch nicht immer hilfreich. Arbeit könne den Tag strukturieren und Halt geben, wenn sie angepasst werde.
Führungskräfte in der Verantwortung
"Trauernde Mitarbeiter sind Führungsaufgabe – in erster Linie des direkten Vorgesetzten", betont Metzger. Anteilnahme und kleine Gesten können entscheidend sein. Experte David Charles-Edwards warnt davor, das Thema völlig an externe Berater abzugeben. Vorgesetzte und Kollegen müssten ihre unterstützende Rolle wahrnehmen, sonst drohe Gleichgültigkeit.
Schonzeit und klare Kommunikation
Untersuchungen zeigen, dass trauernde Mitarbeiter Schonzeit brauchen – ohne Rechtfertigungsdruck. Flexible Lösungen wie reduzierte Arbeitszeit, weniger Verantwortung oder leichtere Aufgaben können helfen. Wichtig ist auch die Kommunikation im Betrieb. Die Nachricht über einen Todesfall sollte transparent, würdevoll und abgestuft nach Nähe zur betroffenen Person vermittelt werden.
Geste versus Gleichgültigkeit
Fingerspitzengefühl ist besonders gefragt, wenn Mitarbeiter selbst versterben. Ob ein Vertreter zur Beerdigung geht, wie das Büro geräumt wird und wann die Stelle neu ausgeschrieben wird – all das prägt den Umgang mit Trauer. "Kleine Gesten sind entscheidend. Weniger ist oft mehr", sagt Metzger. Andernfalls können sichtbare Indizien wie leere Kartons im Büro als respektlos empfunden werden.
Balance zwischen Alltag und Anteilnahme
Ein vollständiges business as usual ist ebenso wenig empfehlenswert wie ein kompletter Rückzug. Zwischen beiden Extremen gebe es zahlreiche Möglichkeiten, so Metzger. Ziel müsse es sein, dem Betroffenen Schutz zu geben, aber auch eine Perspektive für die Rückkehr in den Arbeitsalltag zu eröffnen. Unternehmen entscheiden so nicht nur über Produktivität, sondern vor allem über Menschlichkeit im Betrieb.